Aufbau der Stimme mit der richtigen Gesangstechnik #4

von

Strategien, um Singen zu lernen oder sich zu verbessern

Der Weg zum richtigen Singen

Vorneweg gesagt  – Singen kann jeder lernen, jeder kann auch professionell singen lernen. Erfolg und Fortschritt sind aber von vielen verschiedenen Faktoren abhängig.

 

a) Was ist mein Background?

Die Musikalisierung seit der Kindheit oder eigentlich seit der Existenz im Mutterleib spielt eine größere Rolle als die meisten denken. Wieso kann die einfach drauf los singen und ich treffe keinen Ton? Mit 40 Jahren mit dem Singen zu beginnen ist nicht leicht, vor allem wenn man keinerlei Kontakt zu seiner Singstimme hatte. Aber es ist möglich. Jemand, in dessen Familie entspannt gesungen und Musik gehört oder gemacht wurde, der womöglich auch ein Instrument gelernt hat oder in der Schule im Chor war, hat es durch seinen Background natürlich leichter. Jemand, dem in seiner Kindheit von wem auch immer etwas ähnliches gesagt wurde wie „bitte hör auf zu singen, du singst so falsch“, wird sicherlich nie mehr den Mund aufmachen. Schade, dass in Zeiten der perfekten Star-Shows sich keiner mehr traut, natürlich und frei zu singen. Schade, dass schon von Kindheit an die Stimme bewertet wird, dass es uncool ist, wenn Jungs singen, und dass es nicht mehr automatisch in unseren Alltag integriert ist. Denn oft will man es dann doch irgendwann wissen, ob man singen kann, weil es einfach in jedem von uns verankert ist.

 

b) Was muss ich tun?

Je nach Vorerfahrung (wie bei a) beschrieben), machen wir uns also daran, an die schon vorhandene Stimme anzuknüpfen oder wir machen zunächst Basisarbeit, sprich Töne hören und versuchen nachzusingen, die Bruststimme entdecken, die Kopfstimme entdecken, erste melodische Phrasen nachsingen. Also eine Arbeit, die unausweichlich mit Gehörbildung und Rhythmik, und irgendwann vielleicht auch mit Harmonielehre und Notenlesen verbunden ist. Das ist sehr zeitintensiv und setzt viel Mut, viel Willen, viel Engagement und außerdem kontinuierlichen Unterricht und regelmäßiges Üben voraus. Außerdem braucht es Geduld, denn bis eine Stimme sicher intonieren kann, dauert es einige Zeit. Eine meiner Schülerinnen, die von Null angefangen hat, konnte nach ca. einem Jahr einigermaßen sicher Lieder singen.

Sind die ersten sicheren Töne da, fangen wir an, mit technischen Übungen (unfinished sounds) zuerst die Bruststimme auszubilden. Dann nehmen wir uns den 1.Registerübergang vor, den 2. und so weiter.

 

c) Habe ich mir ungünstige Gewohnheiten angeeignet?

Die meisten, um nicht zu sagen, jeder und jede, haben sich im Laufe der Jahre bestimmte Gewohnheiten beim Singen angeeignet. Um in die Höhe zu kommen, werden vielleicht zu viele äußere Muskeln verwendet, die man eigentlich nicht braucht, oder die einen sogar daran hindern, höher zu singen; man drückt die Bruststimme nach oben, man wird zu laut, oder man drückt, um in die Bruststimme zu kommen, man manipuliert, um so zu klingen, wie man meint, dass es sein müsste, man singt generell viel zu leicht in der Bruststimme, aus vielen verschiedenen Gründen und Faktoren, die einen beim Singen beeinflusst haben und beeinflussen. Früher oder später kommt man an sein Limit und merkt, so kann ich mich nicht richtig ausdrücken. Diese bad habits muss man zuerst erkennen, selbst spüren und versuchen durch die richtige Technik die richtige Balance der Stimme zu finden. Und zwar die Balance der ganz eigenen individuellen Stimme, die nicht manipuliert wird, auch nicht aufgrund von Stilistiken z.B. im Chorgesang, im Rock oder Pop. Ganz normal ist, dass die Angewohnheiten nicht von heute auf morgen auszulöschen sind, man wird immer wieder unbeabsichtigt dahin zurück kehren, bis sich die „neue“, richtige Art zu singen, im Körper gefestigt hat.

 

d) Wie viel Zeit kann und möchte ich zum Üben investieren und was sind meine Ziele?

Wer von Null auf Singen lernen will, also zuerst keinen Ton trifft, aber irgendwann Lieder singen will, der braucht wirklich den Willen dazu. Das heißt konkret: regelmäßiger Unterricht und am Besten jeden Tag üben, je nachdem wie schnell man Fortschritte machen möchte. Das hängt natürlich auch davon ab, ob ich nur für mich selbst meine Stimme kennen lernen will, ob ich in einem Chor singen will, ob ich mich auf eine Aufnahmeprüfung vorbereite, ob ich in einer Band singen will oder etwas anderes mit meiner Stimme vorhabe. Realistische Ziele mit kleinen Zwischenetappen sind dabei sehr sinnvoll.

 

e) Gibt es psychologisch verankerte Hindernisse?

Hier nur kurz am Rande: Natürlich spielt auch die Psychologie eine große Rolle. Erfahrungen, Wertschätzungen oder abschätzende Bemerkungen über die eigene Stimme, die man abgespeichert hat, beeinflussen einen sehr. Außerdem eigene (negative) Glaubenssätze. Das Zulassen, dass es sich anders anfühlt und anhört, als man vielleicht erwartet hat, die Akzeptanz der eigenen Stimme, der „Genetics“, all das gehört dazu.

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